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Die folgenden Ausführungen gelten nur für die jüdische Beschneidung (Brit Milah). Die islamische Beschneidung weist Unterschiede zur jüdischen auf und ist nicht Gegenstand dieser Stellungnahme.

Brit Milah (hebräisch ברית מילה, dt. „Bund der Beschneidung“) ist die Entfernung der Vorhaut des männlichen Gliedes (Zirkumzision) nach jüdischem Brauch. Durchgeführt wird sie von einem Mohel, dem Beschneider, der in der Praxis der Brit Milah ausgebildet wurde.
Die Grundlage für Juden, ihre Söhne zu beschneiden, liegt im ältesten und damit für das Judentum autoritativsten Teil der Bibel, nämlich in den fünf Büchern Mose (Torah). So heißt es: „Dies ist mein Bund, den ihr wahren sollt, zwischen mir und euch und deinem Samen nach dir: Beschnitten unter euch sei alles Männliche.“ (1. Buch 17,10 (Buber-Rosenzweig-Übersetzung)). „Mit acht Tagen soll alles Männliche unter euch beschnitten werden“ (1. Buch 17,12).
Die Beschneidung jüdischer neugeborener Jungen gehört zum Wesen des Judentums, markiert den Eintritt in die jüdische Gemeinschaft und symbolisiert den Bund zwischen G'tt und Abraham bzw. zwischen G'tt und den Juden. Ist das Kind am achten Tag erkrankt, wird die Brit Milah auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Eine Brit Milah vor dem achten Lebenstag ist nicht gestattet.

Das Gebot ist für Juden bindend. Die Brit Milah verbindet Juden aller Strömungen, von orthodox bis liberal, miteinander und wird sogar von säkularen Juden durchgeführt. Auf heute deutschem Boden wurde bereits beschnitten, als noch keine deutsche Sprache existerte. Nur unter dem kommunistischen Regime war die Brit Milah praktisch nicht ausführbar.
Sie ist nicht nur Brauchtum, sondern zentraler Bestandteil jüdischer Identität. Sie ist von essentieller Bedeutung und konstitutiv für das Judesein. Die Brit Milah gilt als eines der wichtigsten Gebote im Judentum und hebelt selbst die Gebote der höchsten jüdischen Feiertage Schabbat und Jom Kippur (Versöhnungstag) aus, an denen bestimmte Tätigkeiten, darunter jegliches Schneiden, nicht ausgeführt werden dürfen.

Die Beschneidung ist einer der am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe weltweit; in den USA ist etwa ein Drittel der männlichen Bevölkerung beschnitten. Bei der Beschneidung wird die Vorhaut von der Eichel mittels eines Skalpells entfernt. Anschließend wird das austretende Blut aus der Wunde entfernt.
Es spricht im Judentum nichts gegen eine (lokale) Betäubung des Kindes während der Brit Milah. Eine Narkose des Säuglings wird in der Regel nicht durchgeführt und ist auch medizinisch nicht empfehlenswert, da die Narkose dem kindlichen Körper Schaden zufügen könnte und weniger leicht zu bewältigen ist.

Von der Bedenkenlosigkeit der Brit Milah zeugt, dass die alten Juden offenbar nicht zu unterschätzende medizinische Fachkenntnisse hatten. Dass die Brit Milah vor dem achten Tag verboten war, hängt zweifelsohne mit einer auf die Geburt folgenden Umstellung des Hämoglobins zusammen, die auch den sog. Neugeborenenikterus nach sich zieht. Diese Umstellung nimmt etwa eine Woche in Anspruch. Ferner findet beim Neugeborenen in der ersten Lebenswoche eine Erneuerung der Thrombozyten statt, die das Blutungsrisiko reduziert. Des Weiteren spielt das Vitamin K eine große Rolle; es ist ein fettlösliches Vitamin und essentieller Cofaktor bei der Synthese der Gerinnungsfaktoren Faktor II, VII, IX, X sowie von Protein C und Protein S. Während die Vitamin-K1-Serumkonzentration bei der Geburt noch sehr gering ist, liegt sie erst ab etwa dem vierten Lebenstag im gleichen Bereich wie bei Erwachsenen. Solange diese Vorgänge nicht abgeschlossen sind, ist die Blutgerinnung beim Neugeborenen beeinträchtigt. Eine Beschneidung am achten Lebenstag geht aus all diesen Gründen mit wesentlich weniger Blutverlust einher als eine solche unmittelbar nach der Geburt.
Zudem zieht die Beschneidung sogar gesundheitlich positive Folgen nach sich. Die Entfernung der Vorhaut führt dazu, dass sich Keime weniger gut ansiedeln können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Joint United Nations Programme on HIV/AIDS (UNAIDS) kamen bereits im Jahre 2007 zu dem Schluss, dass die männliche Zirkumzision das Risiko, sich mit AIDS zu infizieren, zweifellos erheblich verringert: Mehrere Studien haben bewiesen, dass die männliche Beschneidung das Übertragungsrisiko von AIDS von Frau zu Mann um 60 bis 70 % reduziert (vgl. WHO, Manual for early infant male circumcision under local anaesthesia, 2010, S. 6). Die Weltgesundheitsorganisation hat daher im Jahre 2007 die Beschneidung als vorbeugende Maßnahme gegen die HIV-Ansteckung grundsätzlich empfohlen. Auch das Risiko, sich mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten wie Genitalherpes (HSV) und den Humanen Papillomaviren, die wiederum Gebärmutterhalskrebs bei Frauen auslösen können, zu infizieren, wird durch die Beschneidung verringert. Zudem wird die Gefahr, an Harnwegsinfektionen, Phimose und Peniskrebs sowie an Entzündungen der Vorhaut und der Eichel zu erkranken, verringert. Auch konnte nachgewiesen werden, dass die Beschneidung keine negative Auswirkung auf die sexuelle Funktionsfähigkeit eines Mannes oder die Befriedigung der Sexualpartner hat (vgl. ebd.).

Ein Verbot der Beschneidung ginge also nicht nur mit keinerlei gesundheitlichen Vorteilen für die männlichen Bevölkerung einher, sondern würde stattdessen die Glaubensfreiheit einschränken sowie darüber hinaus jüdisches Leben in Deutschland stark beeinträchtigen. Solch ein Verbot lehnen wir ganz entschieden ab.
Die folgenden Ausführungen gelten nur für das jüdische Schächten (Schechita). Das islamische Schlachten von Tieren wird auch Schächten genannt und soll erhebliche Unterschiede zur Schechita aufweisen. Das islamische Schächten ist nicht Gegenstand dieser Stellungnahme.

Das jüdische Schächten war über Jahrtausende die Tierschutzvariante des Schlachtens, alle anderen Formen des Tötens waren grausamer und voller Leiden für das betroffene Tier. Das Ziel der Schechita ist das schmerzlose Töten; sie darf ausschließlich durch einen Schochet, eine dafür ausgebildete Fachkraft, durchgeführt werden.
„Sehr vereinfacht gesagt, beinhaltet der Vorgang einen extrem schnellen Schnitt gleichzeitig durch die Luftröhre und die Hauptarterie bis zur Wirbelsäule, so dass das Tier durch den sofortigen Abfall des Blutdrucks bewusstlos wird (Großvieh nach 25-30 Sekunden) und daher sehr geringen oder gar keinen Schmerz spürt.“ (1)
Auch Betäubung durch Elektroschock oder Bolzenschuss fügt dem Tier Leiden zu. Der wissenschaftliche Nachweis, dass diese Leiden geringer seien als beim jüdischen Schächten, ist nicht erbracht.
Wir sind davon überzeugt, dass das jüdische Schächten dem Tier kein unnötiges Leid zufügt. Die Bedingungen bei Tierhaltung und Tiertransport über Tausende Kilometer, zum Beispiel in griechische EU-Schlachthöfe, fügen den Tieren mehr Leid zu, als jüdisches Schächten.


Nach den jüdischen Gesetzen, der Halacha (2), sind Juden verpflichtet, bei Fleischverzehr nur jüdisch geschächtetes Fleisch zu essen.
Nach dem Talmud gilt jedoch auch das Prinzip Dina de-malchuta dina (3), das besagt, „das Gesetz des Landes ist das Gesetz“. Dieser Grundsatz schreibt vor, dass Juden grundsätzlich die Gesetze des Landes, in dem sie leben, zu befolgen und zu respektieren haben.
In den letzten Jahrzehnten hat, insbesondere ausgelöst durch die Massentierhaltung, der Tierschutz einen immer größeren gesellschaftlichen Stellenwert in Deutschland erhalten. Seit dem Jahr 2002 ist der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen (4). Der Streit um ein Schächtverbot hat seitdem zugenommen.
Tierschützer stellen dabei den grundgesetzlichen Anspruch auf Tierschutz über den grundgesetzlichen Anspruch auf Glaubensfreiheit, mit der Begründung, das Schächten sei Tierquälerei. Für das jüdische Schächten weisen wir diesen Vorwurf zurück, zudem stellen wir die Glaubensfreiheit über den Tierschutz.


Eine staatliche Neu-Regelung des Schächtens müssten Juden allerdings nach dem talmudischen Prinzip Dina de-malchuta dina akzeptieren.
Als jüdische Mitglieder der Bürgerrechtspartei AfD, die mehr direkte Demokratie durch Volksabstimmungen fordert, können wir uns auch dieses Mittel zur Entscheidung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Positionen vorstellen und würden ein derart zustande gekommenes Schächtverbot akzeptieren.
Ein Verbot des Handels von kosherem (jüdisch geschächtetem) Fleisch würde hingegen die Glaubensfreiheit einschränken. Solch ein Verbot lehnen wir ganz entschieden ab. Ein Importverbot ist auch aus dem Grund abzulehnen, dass die EU hohe Schutzzölle auf land- und viehwirtschaftliche Güter erhebt und also keinen freien Welthandel in diesen Bereichen erlaubt. Es wäre demnach vermessen, den Import und damit den freien Welthandel im Hinblick auf koscheres Fleisch auch zu verbieten, obwohl man koscheres Fleisch - bei einem eventuellen Verbot des Schächtens - überhaupt nicht selbst in Deutschland produzieren könnte.


(1) http://www.sgsaar.de/index.php?seite=schechita
(2) http://www.hagalil.com/2010/12/halacha/
(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Dina_de-malchuta_dina
(4) https://www.tierschutzbund.de/information/hintergrund/recht/grundgesetz/

 

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